Zappeln, schreien, glucksen

Baby-Sprache: Das Baby richtig verstehen

Von wegen Babys brabbeln nur oder schreien: Säuglinge können zwar nicht mit ihren Eltern sprechen, dafür zeigen sie mit Bewegungen, Mimik und Blicken, wie es ihnen geht und was ihnen gut tut. Schön, wenn Eltern die typischen Signale der Baby-Sprache dann verstehen.

Autor: Heike Byn

Baby-Sprache: Kommunikation beginnt im Mutterbauch

Baby signale Verstehen
Foto: © colourbox

Für Renate Egelkraut, Vorsitzende des NRW-Landesverbandes der Hebammen und seit 25 Jahren Hebamme, beginnt die Kommunikation zwischen Mutter und Kind schon in der Schwangerschaft: „Das Baby tritt, wenn die Mutter eine zu unbequeme Position einnimmt. Und es strampelt, wenn es aktiv ist. In beiden Fällen reagiert die Mutter darauf – indem sie ihre Lage verändert oder sich über den Bauch streicht.“ Kaum geboren, setzen Babys den ganzen Körper ein, um sich mitzuteilen: Liegen sie auf dem Bauch der Mutter, schlecken viele Babys mit der Zunge über die Lippen, heben das Köpfchen und ihr Blick irrt umher – auf der Suche nach der Brust. „Es ist erstaunlich, was die Winzlinge können: Sie nehmen den hell-dunkel-Kontrast zwischen Haut und Brustwarze wahr und versuchen, sich in ihre Richtung zu bewegen“, erzählt Renate Egelkraut.

Signale der Babys: Dialog dank Motorik, Mimik und Blicken

Kleine Babys drücken sich auf verschiedene Weise durch Motorik, Mimik und Blickkontakt aus: Sie strampeln und schauen interessiert, wenn sie bereit für die Kontaktaufnahme sind. Spreizen sie die Finger oder bewegen sich nicht, brauchen sie eine Ruhepause. Meist kommen sogar mehrere Signale zusammen. Will ein Baby seine Ruhe, dreht es das Köpfchen weg, spannt den Körper an und windet sich, als wolle es wegrobben. Oft sind gerade den Kleinsten die vielen Reize zu viel, die sie umgeben und die ihnen die Menschen in ihrem Umfeld bieten.

„Mit etwa sechs Wochen ist das Sehvermögen so weit entwickelt, dass ein Baby scharf sehen und damit auch das Gegenüber fixieren kann“, erklärt der Familientherapeut Professor Manfred Cierpka im Handbuch zum von ihm entwickelten Elternkurs „Das Baby verstehen“. Diesen Blickkontakt zu halten kostet das Neugeborene aber viel Kraft, wendet es den Blick also ab, ist das ein Weg, um sich selbst zu beruhigen. Mit der Zeit kann sich das Baby dann immer länger auf etwas konzentrieren, etwa auf ein Spielzeug oder das Mobile über seinem Bettchen: Sind es bei wenige Wochen alten Babys nur rund fünf Minuten, kann es im Alter von sechs Monaten schon eine halbe Stunde sein.

Baby-Kommunikation: Babys ahmen Erwachsene nach

In den ersten Lebensmonaten lernt das Baby, Gefühle in den Gesichtern von Mutter und Vater zu erkennen. Bald kann es schon zwischen Freude, Zorn, Angst und Überraschung unterscheiden. Und noch mehr: Es lacht, wenn die Eltern lachen oder runzelt die Stirn, wenn die Eltern traurig aussehen. Damit versucht es, sich mit ihnen zu verständigen. Eltern reagieren darauf fast immer richtig, indem sie wiederum den Gesichtsausdruck des Babys nachahmen. Dieses Phänomen nennen Experten „Spiegeln“. Mütter und Väter können so mit der Zeit die Gefühle des Kindes immer besser nachempfinden und angemessen darauf reagieren. Und das Baby lernt dabei, sich selbst und seine Gefühlsregungen zu verstehen und mit der Zeit auch in ganz kleinen Schritten, mit seinen Gefühlen und Launen umzugehen.

Babysignale: Auf das Baby und seine Wünsche eingehen

Sobald Eltern auf das Blickverhalten des Babys reagieren, lernen sie automatisch, auf den Rhythmus des Kindes und seine Bedürfnisse einzugehen: Sie lassen dem Kind Zeit, wenn es sich wegdreht und dabei erholt und wenden sich ihm wieder zu, wenn es aufmerksam ist und Blickkontakt sucht. Mit der Zeit bekommen in dieser Minimal-Kommunikation die Laute des Babys eine immer größere Bedeutung: Wenn das Baby vor sich hin brabbelt, ahmen Eltern seine Laute gerne nach, so dass der typische Babytalk entsteht: Eine einfache Sprache mit vielen Wiederholungen und ansteigender Satzmelodie, die wie für das kleine Baby-Ohr und seine Aufnahmefähigkeit gemacht ist.

Ganz nebenbei fördern Eltern damit auch erste Sprachexperimente. Wenn sie die Laute des Babys imitieren und leicht abwandeln, fühlt sich das Kleine nicht nur bestätigt sondern auch angespornt, neue Laute zu produzieren. Wer darüberhinaus schon früh anfängt, die Reaktionen des Kindes zu benennen – beispielsweise mit „Ja, da freust du dich aber“, wenn das Kleine lacht – hilft dem Kind zudem, sich selbst und seine Umgebung besser zu verstehen.

Mit Babys sprechen: Wie man Missverständnisse vermeidet

Es gibt viele Situationen, die Missverständnisse zwischen Eltern und Baby provozieren können. Oft liegt es einfach nur daran, dass Mütter und Väter sich nicht genug Zeit nehmen, ihr Kind und seine Bedürfnisse zu verstehen und darauf zu reagieren. So wollen die meisten Eltern, dass ihr Baby so schnell wie möglich gut und alleine einschläft. Das klappt auch, mit der nötigen Geduld und Zeit. Wem das nicht schnell genug geht, weil angeblich alle anderen Babys im Bekanntenkreis schon längst problemlose Schläfer sind, oder wer nicht für die passenden Rahmenbedingungen sorgt, wird mit Stress und Geschrei abgestraft. Familientherapeut Manfred Cierpka rät: „Wenn die Eltern darauf achten, zu den Einschlafzeiten alle möglichen Reize wie Licht, Geräusche und den Dialog mit dem Kind zu reduzieren, kann das Baby lernen, einen eigenen Ruhe-Mechanismus zu entwickeln. Dennoch hat jedes Kind dabei seinen eigenen Rhythmus und seine eigene Entwicklung.“

Baby-Schreien: Strategien zur Beruhigung

Doch es ist vor allem das Schreien der Babys, das jungen Eltern Sorgen, Verunsicherung und manchmal auch Verzweiflung beschert: „ Sechs Wochen nach einer Geburt ist bei kleinen Schreiern der Höhepunkt an Lautstärke und Intensität erreicht“, erklärt die Hebamme Renate Egelkraut. „Danach wird das besser, weil ihr Gehirn reift und sie ihre Gefühle besser selbst regulieren können.“ Doch wie sollen verzweifelte und übermüdete Eltern die anstrengende Zeit bis dahin überstehen? Indem sie vor allem ihre eigene Gereiztheit möglichst nicht auf das Kind übertragen und nicht bei jeder Schrei-Attacke ein Arsenal an verschiedenen Beruhigungsstrategien anwenden. Wenn das Baby weder Hunger hat noch eine nasse Windel, reicht es aus, es in den Arm zu nehmen. Der Körperkontakt mit Mama oder Papa wirkt bei den meisten Babys Wunder. Und wenn auch das nicht hilft, rät Hebamme Renate Egelkraut ganz pragmatisch: „Eltern sollten sich bei der Betreuung dann unbedingt abwechseln und das Kind auch einmal den Großeltern oder einem Babysitter überantworten, um einen freien Abend zu haben.“ Und wenn eine Schreiattacke mal wieder kein Ende finden will, sind durchaus auch Kopfhörer erlaubt, die geplagten Müttern und Väter sanfte Musik auf die Ohren spielen, während sie ihr Kind beruhigend festhalten.

Kleine Übersetzungshilfe: 10 typische Baby-Verhaltensweisen und ihre Erklärung

  1. Das Baby blickt Sie direkt an und folgt Ihnen mit dem Blick. Es lacht und plappert, bewegt Arme und Beine heftig, streckt Ihnen vielleicht noch die Hände entgegen.
    Erklärung: Es ist hellwach und vergnügt, möchte Kontakt aufnehmen und sich unterhalten, spielen oder etwas Neues ausprobieren.
  2. Baby fixiert einen Gegenstand, verhält sich ruhig und konzentriert, die Hände sind geöffnet.
    Erklärung: Es entdeckt gerade etwas Neues oder Interessantes: Bitte nicht stören!
  3. Das Kind liegt ruhig und entspannt. Sein Blick ist abgewandt oder glasig. Die Händchen sind leicht abgewinkelt, die Finger nur locker geschlossen.
    Erklärung: Es ist zufrieden, möchte jetzt ausruhen. Bitte keine Spielangebote mehr oder eine „Unterhaltung“ anbieten.
  4. Das Baby gähnt herzhaft oder schneidet eine Grimasse. Sein Körper ist schlaff, es lässt Schultern und Kopf hängen und wendet den Blick ab. Seine Augenlider werden schwer
    Erklärung: Ihr Baby ist müde und möchte jetzt schlafen.
  5. Das Baby ist unruhig, dreht den Kopf hin und her, saugt an den Fäustchen, weint eventuell.
    Erklärung:: Ihr Baby hat Hunger und sucht nach der Brust.
  6. Das Kind ist unruhig, weint, macht ruckartige Bewegungen oder macht sich steif. Dazu reibt es sich die Augen oder Ohren, vielleicht sind auch seine Wangen gerötet.
    Erklärung: Es ist übermüdet und braucht dringend Ruhe. Sorgen Sie für beruhigende Umgebungsgeräusche, einen abgedunkelten Raum. Legen Sie es ins Bett.
  7. Es ist unruhig, weint viel, schläft schlecht, zuckt im Schlaf zusammen. Erschrickt schnell und ballt die Hände zu Fäustchen.
    Erklärung: Das Baby ist schreckhaft und überreizt. Deshalb nicht zu viele Eindrücke hintereinander anbieten. Für einen regelmäßigen Tagesablauf sorgen.
  8. Das Kind quengelt oder weint, zappelt unruhig und wirkt angespannt.
    Erklärung:: Es ist angespannt, ängstlich und möchte beruhigt werden.
  9. Baby windet sich unruhig hin und her, zieht dabei die Beinchen ruckartig an den Körper, krümmt sich zusammen oder biegt den Kopf nach hinten. Es schreit anhaltend und lässt sich nur schwer beruhigen.
    Erklärung:: Es hat wahrscheinlich Bauchschmerzen. Lassen Sie es nach dem Füttern aufstoßen, tragen Sie es im „Fliegergriff“ herum, massieren Sie seinen Bauch und machen Sie ihm einen warmen Bauchwickel, wenn es das mag.
  10. Das Baby schläft, liegt ganz ruhig, sein ganzer Körper ist entspannt, die Arme sind nach oben angewinkelt und die Händchen geöffnet neben dem Kopf.
    Erklärung: Es ist im Tiefschlaf. Jetzt nicht aufwecken, wenn möglich.

Buchtipps:

  • Vivian König: Das große Buch der Babyzeichen. Mit Babys kommunizieren, bevor sie sprechen können. Verlag Karin Kestner, 360 S., € 27,90.
  • Megan Faure: Was mein Baby will. Mimik und Körpersprache verstehen. Dorling Kindersley Verlag, 224 S., € 16,95.

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