Nach 30 Jahren hat er sich total verändert

Hallo zusammen
ich habe schon eeeeewig hier nicht mehr geschrieben, da ich sagen kann, dass in den letzten Jahren alles echt gut für uns gelaufen ist und ich eigentlich immer mit irgendwas beschäftigt war. Ich habe einen zwar mies bezahlten, aber tollen Job, unsere Söhne haben ihr Leben super hinbekommen, wir sind sehr stolz auf sie. Auch mein Mann hat sich in seiner Firma hochgemausert. Er verdient sehr gut, NOCH haben wir keine finanziellen Sorgen (wer weiß, wie sich das in den nächsten Monaten noch entwickelt). Allerdings ist es für ihn sehr stressig und wir hatten diesbezüglich schon einige Diskussionen. Was aber jetzt immer mehr zutage tritt, sind körperliche und psychische Probleme. Anfang diesen Jahres hatte er eine extrem schmerzhafte Nervenentzündung im Nacken. Die Schmerzen zogen sich über den Nacken bis hoch in den Kopf und die haben ihn komplett ausgeknockt. Kein Arzt konnte ihm wirklich helfen. Der vorletzte Strohhalm war ein Orthopäde, der ihm über mehrere Wochen immer wieder Kortison- und Schmerzspritzen genau an der Stelle verpasst hat, damit die Schmerzen wenigstens für ein / zwei Tage weg waren und er schlafen konnte. In dieser Zeit (etwa 3 Monate) habe ich ALLES gemacht. Einkaufen, Garten, Hund, Haushalt, notwendige Renovierungsarbeiten. Natürlich haben unsere Jungs geholfen, soweit es ging. Aber die haben ja auch eine Fulltime-Job.
Der letzte Strohhalm war dann eine Heilpraktikerin, die ihn dann mit Homöopathie wieder soweit hinbekommen hat, dass die Schmerzen gedämpfter waren und letztendlich dann durch gezielte Massagen und Schröpfen ging es ihm Stück für Stück besser. Diese Zeit war für uns alle sehr belastend und nervenzehrend. Als es ihm endlich soweit besser ging, dass er wieder arbeiten gehen konnte, sagte ich ihm, dass ich von ihm erwarte, dass er auf Arbeit kürzer tritt und mehr an seine Kollegen abgibt. Das hat er mir versprochen und an dieses Versprechen hat er sich gehalten - ungefähr 2 Monate lang. Dann ging der ganze Terror wieder von vorne los.
Nun war ich über das lange Wochenende (über den 03.10.) hinweg ziemlich erkältet. Seit mehr als 3,5 Jahren das erste Mal wieder. Schnupfen, Husten, das ganze Programm halt. Nach 3 Tagen war das Schlimmste vorbei, nur noch ein bisschen schlapp. Und mein Mann hat sich natürlich prompt bei mir angesteckt, meinte aber nach dem Feiertag, er sei wieder fit und ging wieder zur Arbeit. Am Freitag drauf ging man dann noch firmenbedingt auf eine Tagung, die er dann abbrechen musste, weil es ihm mit einem Schlag so miserabel ging. Seitdem liegt er mehr oder weniger. Schüttelfrost, Fieber, Husten, Schweißausbrüche. Nachdem ich ihn dann zum Arzt genötigt hatte (das ist nochmal eine ganz spezielle Geschichte), hat sich herausgestellt, dass sein Körper ziemlich viele Baustellen hat. Unter anderem eine beginnende Lungenentzündung.
Naja, lange Geschichte, kurzes Fazit: seitdem er sich eben diesen Infekt eingefangen hat, verändert er sich. Im Sinne von: alles hat zu springen, wenn er pfeift. Er ist unglaublich reizbar und aggressiv. Also, nicht falsch verstehen: wenn man so krank ist, ist man natürlich nicht gut drauf, vielleicht auch schlecht gelaunt. Aber SO? Oft liegt er in der Nacht im Bett (während ich auf dem Sofa schlafe) und er rülpst lautstark. Also nicht so "Bäuerchen", weil einem die Kohlensäure vom Mineralwasser quer sitzt. Nein, lautstark, Ständiges Stöhnen und Jammern in einer Lautstärke, dass ich es mitbekommen MUSS. Unser jüngster Sohn wohnt noch bei uns. Den pampt er wegen Kleinigkeiten dermaßen unterirdisch an. Frage ich ihn, ob er eine Kleinigkeit essen möchte, wird er laut. Ständig kommen so Aussagen wie: "in meinem Körper tobt der 4. Weltkrieg" oder "ich bin zum Sterben bereit" und ähnliches. Nur nochmal zur Erläuterung: Ich hatte vor einigen Jahren auch mal eine Lungenentzündung. Damals musste ich mich trotzdem um Haushalt, Kinder, Hund, Hasen kümmern - auf die Idee, mein Mann könnte mich unterstützen und vielleicht mal von der Arbeit früher nach Hause kommen oder mich zum Arzt fahren, wäre undenkbar gewesen. Bei ihm wird es aber erwartet und so langsam wird mein Chef leicht ungehalten wegen meinem ständigen Fehlen.
Ich kenne diesen Mann, den ich vor über 23 Jahren aus Liebe geheiratet habe, nicht mehr. Dieses selbst bemitleiden und dieses dermaßen aggressive Verhalten sind nicht mehr auszuhalten. Er ist fast 2 m groß. Ein Bär von einem Kerl - und jetzt mutiert er zu ich weiß nicht was. Noch nie hat er sich so gehen lassen. Ich bin so traurig, weil wir schon so viele Widrigkeiten überstanden haben, weil wir uns in so vielen Dingen einig waren und sind, aber so langsam kann ich echt nicht mehr. Keine netten Worte, kein Dankeschön, so lange schon keine Umarmungen mehr. Im Alltag fällt das nicht auf, aber eigentlich stimmt wohl schon lange was in unserer Ehe nicht mehr und sein derzeitiges Verhalten setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

Sorry, dass es so lange geworden ist, aber manchmal braucht man das

Ach, und btw: nein, es ist KEINE pandemiebedingte Nebenwirkung. Eher kann ich mir eine vakzin-bedingte Nebenwirkung vorstellen.

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Ich würde bei dem geschilderten Verhalten des Mannes eine Erschöpfungsdepression vermuten, die sich bei Männern nicht selten in Gereiztheit, latenten Aggressionen und Selbstmitleid im Wechsel äußert.

Vielleicht haben seine berufliche Überforderung und seine kürzlich hinzu getretenen körperlichen Erkrankungen das Ausbrechen einer psychischen Krise in Richtung Depressivität getriggert.

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gst du ihm das schon mal so gesagt? hat er Angst, existenzangst vielleicht?

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Wieso fehlst du denn auf Arbeit? 🤔

Ich verstehe deinen Frust total. Aber dein Mann scheint auch am Ende.

Ihr müsst jetzt beide auf euch schauen! Lass deinen Mann leiden und geh arbeiten, aggressives Verhalten sofort benennen und stoppen. Aber ihm auch Ruhe und Freiraum gewähren.

Ebenso dir. Du musst ihn nicht betüddeln, er ist erwachsen. Geh arbeiten, leb dein Leben und unterstütze so viel, wie du magst!

Wenn ihr beide wieder fitter seid, geht zu einer Beratung und schaut, wo der Schuh eigentlich drückt.

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Für mich klingt das nach einem großen, starken, (vermutlich auch anziehendem) erfolgreichen Mann, dem auf einmal aufgezeigt wird, dass er eben doch nicht unverwundbar ist.

Du schreibst: Ständig kommen so Aussagen wie: "in meinem Körper tobt der 4. Weltkrieg" oder "ich bin zum Sterben bereit" und ähnliches.

Für mich klingt das nach: Ich erzähle jedem wie schlecht es mir geht, ob derjenige es nun hören will oder nicht.

Midlifecrisis??

Gerne wird vergessen, dass auch Männer unter den körperlichen Veränderungen des Alterns leiden, z.B. Haarausfall etc. Das geht nicht nur Frauen so!

Dass Eure Kinder und du dort jetzt immer "Lack" bekommt, ist selbstverständlich nicht angebracht und sollte auch nicht toleriert werden.

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Hi, hier auch so bzw ähnlich, wir sind seit 22 Jahren verheiratet. Mein Mann hat mittlerweile eine diagnostizierte Überlastungsdepression aka Burn out und wird in eine psychosomatische Klinik gehen. Hier gab es auch körperliche Beschwerden. Das gereizt sein, alles an uns auslassen, die Sprüche usw kenne ich alles auch, natürlich auch das mitllerweile alles an mir hängen bleibt. Ich hoffe wirklich das die Klinik was bringt sonst sehe ich schwarz, es geht mittlerweile an meine Substanz. Deinen Absatz ab ich kenne diesen Mann kann ich komplett unterschreiben!

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Ich hatte vor einiger Zeit eine Entzündung in einem Gelenk und nur mit sehr starken Schmerzmitteln konnte ich schlafen oder mich bewegen.
Ich habe gestaunt, wie sehr mich die langanhaltenden Schmerzen und auch die Medikamente mental beeinträchtigt haben. Ich wurde vergesslich, desorientiert…….
Jetzt ist alles wieder gut, aber ich habe jetzt mehr Verständnis für Menschen, die ständig starke Schmerzen haben und auch länger massive Medikamente einnehmen müssen.
Man altert, man kriegt manches nicht mehr auf die Reihe, es verändert vielleicht die Persönlichkeit.
Dazu kommt, dass manche Männer ( wahrscheinlich auch Frauen ) schneller altern als andere. Die allgemeine Fitness lässt stark nach.

Dein Mann braucht jetzt dringend einen Plan, wie er seine Zukunft gestalten kann, um möglichst lange möglichst fit zu bleiben.
Es muss ihm klar werden, dass er seine Gesundheit verspielt.
Wahrscheinlich fühlt er sich in der Arbeit unersetzlich.
Er geht davon aus, dass er nach der Krankheit wieder der Alte ist.
Aber in diesem Alter können Beeinträchtigungen zurück bleiben. Man kann vielleicht nicht wieder völlig regenerieren.

Dass er sich jetzt so leidend aufführt, ist ja auch männertypisch.

Ich würde an deiner Stelle erwarten, dass mein Mann seine Gesundheit ernst nimmt, dementsprechend zum Arzt geht, vielleicht eine Kur beantragt, seine Arbeit auf sein Befinden ausrichtet.
Aber mach dich nicht zum Dienstboten.
Dein Mann kann trotz Krankheit einen respektvollen Umgang mit dir und den Kindern pflegen. Er ist für sein Wohlbefinden und seine Gesundheit in erster Linie selber verantwortlich und muss sich selber bemühen.
Was gar nicht geht, ist rumjammern , aber sich nicht um Besserung bemühen. Und aggressiv die Familie terrorisieren würde ich mir nicht bieten lassen.
Da würde ich mal eher für Abstand sorgen. Geh du zur Arbeit, dann kann er seinen Frust an dir nicht auslassen.

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Vielen lieben Dank an alle für die Antworten!

Ja, so wie es die meisten geschrieben haben, habe ich auch schon vermutet. Nämlich, dass der Hauptknackpunkt eher die Psyche als die Physis ist. Natürlich steckt man als jüngerer Mensch einen Infekt besser weg, als wenn man dann doch streng auf die 50 zugeht. Und die Midlifecrisis war auch mein erster Gedanke (letztes Jahr im Sommer hat er sich eine Harley gekauft - kein Kommentar).
Jedenfalls habe ich vorhin nochmal mit ihm gesprochen und ihm klargemacht, dass es so nicht weitergeht. Er muss seinen Infekt jetzt auskurieren, dann sehen wir, was aus den anderen Diagnosen wird (zu hohe Blutzuckerwerte, zu niedrige Elektrolytwerte, Blut im Urin) - evtl. hängt ja alles irgendwie zusammen. Gott sei Dank hat er jetzt einen wirklich guten Arzt.

Und dann werden wir besprechen müssen, wie es auf seiner Arbeit weitergeht. Mit seinem Chef habe ich bereits telefoniert (wir kennen uns gut) und habe dem klargemacht, dass mein Mann entlastet werden muss. Und siehe da: er hat bereits ein Projekt an jemanden anderen delegiert. Geht doch. Jemand von euch meinte, dass mein Mann denkt, er sei unersetzlich. Ja, das stimmt tatsächlich. Man musste auch immer den Laptop mit in den Urlaub nehmen - sofern wir überhaupt Urlaub gemacht haben. Dieses Jahr seit 3 Jahren das erste Mal wieder. Erholungseffekt gleich Null.

Auch gab es die Frage, warum ich so oft bei der Arbeit fehle: Das hängt mit dieser Entzündung Anfang des Jahres zusammen. Er konnte ja nicht selbst fahren und musste von Hausarzt zu Orthopäde zu Heilpraktiker zu Masseur. Und obwohl ich von Anfang an sagte, dass das nichts mit Muskeln oder Knochen zu tun haben kann, hat man nicht gehört. Ich wäre gleich zum Neurologen. Schlussendlich hat ihm die Akupunktur und das Schröpfen aber doch geholfen. Und auch jetzt musste ich mich wieder kümmern, dass er überhaupt zu einem Arzt geht bzw. seine bisherige HÄ abschießt, da die null Untersuchungen veranlasst hat.

Aber ich bin sehr froh, dass ich soviel Zuspruch bekommen habe. Jetzt weiß ich wenigstens, dass ich nicht überempfindlich bin, sondern dass da doch mehr im Argen liegt.

Kleines Späßchen am Rande: ich habe ihn vorhin dann noch darauf hingewiesen, dass ich nach seiner Genesung eine "Erschwerniszulage" verlange und dass ich damit dann erst mal nen kleinen Wellnessurlaub mache. DAS Gesicht hättet ihr sehen sollen.