Lebensmodelle bewusst hinterfragen

Habt ihr euch jemals ernsthaft gefragt, wie ihr Leben wollt?
Also Alternativen in Erwägung gezogen, zu dem was man im Umfeld sieht oder auch von den Eltern vorgelebt bekommt?
Habt ihr euch die Frage gestellt, ob eine monogame Zweierbeziehung zu euch passt und ob ihr das auch wollt?
Und im zweiten Schritt, ob es dann auch eine gemeinsame Wohnung sein muss oder ob nicht auch getrennte Wohnungen Sinn machen?
Habt ihr diese Entscheidungen immer abgeglichen mit anderen Bedürfnissen oder Wünschen?
Also z.B wenn ich einerseits eine Partnerschaft möchte, auf der anderen Seite aber Freiraum brauche oder merke, dass ich dauerhaft mit nur einem Partner nicht glücklich sein werde weil ich z.b bisexuell bin und einen Mann und eine Frau an meiner Seite möchte und nicht entweder oder.
Dann kommt ja das nächste Thema: Familie.
Wenn man jetzt raus gefunden hat wie man in Bezug auf eine Partnerschaft leben will, wie gestaltet man dann das Leben weiter?
Möchte ich ein Kind, wirklich?Oder nur weil es dazu gehört, quasi als nächster logischer Schritt?
Und wenn ich ein Kind möchte, wie soll dann die Familie sein?
Klassisch mit Mama, Papa, Kind die zusammen wohnen?
Oder mit in getrennten Wohnungen lebenden Eltern wo das Kind wie bei Getrennten Eltern auch, im Wechselmodell hin und her pendelt und man nicht gezwungenermaßen jeden Tag aufeinander trifft, sondern sich auch als Familie verabredet und bewusst bestimmte Zeiten zusammen verbringt und gemeinsam etwas macht und die restliche Zeit lebt man getrennt und das Kind ist dann halt immer bei dem ein oder anderen Elternteil?
Und wenn man entscheidet, keine feste Partnerschaft zu wollen, dann ist es ja trotzdem in Ordnung ein Kind zu bekommen, ich finde da das Co Parenting eine gute Option.
Ein Kind muss man ja auch nicht selbst austragen, man kann ja auch Pflegekinder aufnehmen .
Habt ihr diese ganzen Möglichkeiten für euch bedacht und wenn nicht warum nicht?

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Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass man irgendetwas macht, ohne sich zu fragen, ob man das auch will, ich hab es schon als Kind verabscheut, irgendwas zu machen, "weil man das so macht" und mich dagegen gewehrt so gut ich konnte.

Mein Leben jetzt ist sehr konventionell, monogam mit dem selben Mann seit über 30 Jahren, mit drei Kindern, weil es das war, was ich wollte. Ich muss nicht jede Möglichkeit, die es geben könnte ausloten, aber ich habe nie irgendwas gemacht (große Entscheidungen; dass man gelegentlich mal was machen muss, was keinen Spaß macht, ist halt so), was ich nicht wollte

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Ja habe ich, bevor ich meinen Partner kennengelernt habe. Wir haben offen darüber gesprochen, wie wir leben wollen und für uns unseren Weg gefunden. Jeder ist glücklich und kann sich ausleben.

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Ich habe das klassische Familienmodell für mich früher nie in Frage gestellt. Ich hatte meinen (vermeintlichen) Traummann gefunden und wir heirateten, bekamen Kinder, führten jahrelang eine wirklich glückliche Partnerschaft auf Augenhöhe. Er verfolgte zunächst viele Jahre seine eigene Karriere bis ich vorschlug zu tauschen, also dass er in Teilzeit arbeitet und ich mich in Vollzeit auf meine Karriere konzentrieren konnte.
Es war eine tolle Partnerschaft, wir waren wie ich finde gute Eltern für unsere Kinder. Gingen stets respektvoll miteinander um. Schaufelten uns Zeit frei für uns als Paar, arbeiteten stets an unserer Ehe.
Und dann irgendwann passierte etwas für mich völlig unverständliches: ich verliebte mich so sehr wie man sich nur verlieben kann, so sehr wie ich es noch nie zuvor getan hatte, in jemand anderen.
Gleichzeitig liebte ich ja aber auch meinen Mann und nein unsere Ehe lief niemals schlecht.
Und seit dem Zeitpunkt stelle ich Monogamie sehr wohl in Frage. Ich bin sehr darüber verzweifelt, dass unsere Gesellschaft so ist, wie sie ist. Dass sie erwartet, nur einen Menschen für immer zu lieben was ja per Definition schon absurd ist. Man darf viele Freunde haben, auch wechselnde Freunde mit unterschiedlich tiefer Bindung aber Liebespartner nur GENAU EINEN.
Es hat auf jeden Fall bei mir und besagtem Mann für sehr viel Leid geführt, noch immer anhaltendem Seelen- und Herzschmerz. Wir haben nach kurzer Liaison beschlossen bei unseren jeweiligen Partnern und Familien zu bleiben um nichts "kaputt zu machen". Vernünftig war das werden die meisten sagen. Ja, womöglich. Aber ich habe koch nie in meinem Leben psychisch so gelitten.
Ich hätte ihn so gern in meinem Leben. Ich wäre so gern Teil von seinem. Wir verbuchten es unter "falscher Zeitpunkt". Haben den Kontakt gänzlich abgebrochen.
Mein Ehemann weiß davon, ich habe irgendwann ehrlich alles auf den Tisch gepackt. Er hat verständnisvoller reagiert als ich erwartet habe. Aber gefordert dass der Mann aus meinem Leben gestrichen wird und ich meine Energie in unsere Ehe stecke.
Seitdem vergeht kein Tag an dem ich mich nicht frage, ob ich so jemals wieder glücklich werde und unsere Ehe kriselt langsam.
Jetzt werden viele sagen: selbst Schuld, du hast dich ja in jemand anderen verguckt. Wenn man glücklich verheiratet ist passiert sowas nicht... das ist Schwachsinn.
Man kann sich nicht immer aussuchen auf wen man trifft im Leben und für wen man Gefühle entwickelt. Das kann niemand.
Monogamie ist ein gesellschaftliches Konstrukt, aber kein Naturgesetz. Denn sonst hätten ja nicht seit Jahrhunderten Menschen ihre Probleme damit.

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Spannend, denn dein Text könnte von mir sein. Ich könnte aber nicht in einer polyamourösen Beziehung leben. Ich würde eine fixe monogame Beziehung wollen. Wenn du die Freiheit hättest bzw. dir die Freiheit erlauben würdest, wie würdest du gerne Partnerschaften führen wollen?

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Das ist eine gute Frage, darüber habe ich auch schon nachgedacht aber ich weiß es nicht und kenne leider auch Niemanden in meiner Umgebung, der in einer polyamoren Beziehung lebt.
Aber die Frage stellt sich ja auch leider nicht, mein Mann und sicherlich auch seine Frau wären definitiv dagegen.
Ich denke, wenn er einwilligen würde, wäre es einfach so, dass ich weiter unser schönes Familienleben und auch unsere Ehe lebe aber mich auch mit dem anderen Mann treffen würde um diese Beziehung mit ihm leben zu können.

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Ich sehe mich als „Designer“ und „Arbeiter“ meines Lebens zugleich. Wenn mir mein Leben nicht gefiel, dann habe ich es umdesigned und darauf hin gearbeitet. Das muss nicht im Vorhinein sein, sondern kann auch währenddessen passieren.

Bezüglich Familienmodell wollte ich das Konservative. Den einen Mann mit dem ich unser Leben aufbaue und bis zu meinem Lebensende gehe. Das war mir schon seit meiner Kindheit bewusst und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Im Berufsleben gabs schon mal Situationen wo ich währenddessen merkte, oh das ist anders als ich erwartet habe, das möchte ich so nicht, also habe ich umgestaltet.

Ich halte es in der heutigen Gesellschaft für vertretbar ein Kind direkt im Wechselmodell zu planen oder in einer anderen Konstellation als die Klassische zu leben. Logistisch muss man kreativer sein, da man nicht so viele Vorbilder hat und manchmal muss man mehr erklären.

Manchmal muss man den Weg anfangen zu gehen. Währenddessen lernt man sich selbst besser kennen und kann von dort abzweigen. Oft ist die Planung im Vorhinein nicht möglich.

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Hey,
ich wollte bis ich 21 Jahre alt war bewusst keinen festen Partner, nie Kinder bekommen und mein Ziel war es eigentlich eine offene, vegane Kommune zu gründen, mich beruflich und Beziehungstechnisch weiterhin auszuprobieren, Kurzgeschichten schreiben und veröffentlichen, hin und wieder mal nen Tütchen zu rauchen und Rotwein zu trinken ggf. mir bei Gelegenheit einen Hund als festen Partner anzuschaffen. Das wären so meine forcierten Lebensideen 😅.

Dann kam alles ganz anders und ich habe mich zufällig, mehr oder weniger im vorbeigehen in den wahrscheinlich konservativsten Mann in ganz Süddeutschland verliebt 😆!

Naja was soll ich sagen, plötzlich wurde ich Nichtrauchern, monogam, habe mich für einen konservativen beruflichen Weg entschieden und zack mir Hochzeit, Kinder, Haus und Garten gewünscht ganz ohne Hippie Kommune oder andere Abenteuer außerhalb des 0815 Familienleben.

Ich bin sehr, sehr glücklich mit dem Weg den ich eingeschlagen habe und manchmal denke ich darüber nach was für ein riesen Glück ich hatte meinen Mann zu treffen, erst er hat mir gezeigt dass ich im Herzen ein wasch echter veganer Vorstadt "Spießer" bin 😂🍀😆🌷

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Ja, so kanns gegen, schön dass du deinen Weg gefunden hast.
Ich hatte mich auch in einen Mann verliebt, mich hat aber seine Spießigkeit sehr gestört.
Dadurch hat sich die Liebe zu ihm immer mehr verflüchtigt, insbesondere als er mit einem Heiratsantrag ankam.
Völliger Abturner für mich, das käme niemals ind Frage, da schnürt such mir der Hals zu.
Ich möchte einen Mann der damit zurecht kommt, dass es noch andere neben ihm gibt und der nicht versucht mich an sich zu binden als Exklusive Partnerin.
Ich habe jetzt jemanden, mit dem das möglich scheint, ich hoffe , es entwickelt sich weiter positiv.

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Ich lebe sehr, sehr klassisch. Und ja, ich hinterfrage es oft und habe es oft hinterfragt.

Muss aber immer wieder sagen, dass ich genauso glücklich bin und nichts ändern möchte :)

Mein Mann und ich sprechen auch öfter gemeinsam drüber, zum Glück ticken wir da (noch?) ähnlich :) er ist auch genauso glücklich 😊

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Da sich Pläne und Wünsche im Laufe der Zeit ändern, Prioritäten neu gesetzt werden oder man nicht alles planen kann, hinterfrage ich eher bei aktuellen Entscheidungen, was ich wirklich möchte.

Als junge Frau wollte ich auf jeden Fall auf dem Land leben, mit eigenen Nutztieren, einem großen Garten und vielen Kindern. Gerade der Aspekt mit den Tieren war ein Gegenentwurf zum nahezu vollkommen haustierfreien Leben meiner Eltern.
Ich habe mir sehr gut vorstellen können daheim zu bleiben und Haushalt und Kinder alleine zu managen. Dann sind mein damaliger Freund und ich zusammengezogen und ich habe es gehasst, für den Haushalt alleine verantwortlich zu sein. Das wusste ich nicht. Wie hätte ich damals auch?

Ich habe mich getrennt, weil es nicht die Art und Weise war, wie ich leben wollte. Dann habe ich mich bewusst für meinen Mann entschieden. Ihm ist Monogamie sehr wichtig, ein anderes Modell kann er sich für sich nicht vorstellen. Ich möchte diesen Mann an meiner Seite haben. Ich kann mir offene Beziehungen übrigens auch nur ohne Kinder vorstellen. Mit Kindern bin ich überzeugt, dass man die übrigen Reserven für sich als Paar nutzen muss und nicht mit einem Dritten, weil man sonst nur noch die Elternebene hat. Ich stelle mir die Zeitressourcen sehr begrenzt vor, wenn ich das bei meinen Freundinnen sehe. Nur wenn die Oma involviert ist, gibt es nicht nur einen Paarabend oder Nachmittag, sondern sogar noch eine Bonuszeit, in der die Mama dann Zeit für sich hat. Eben um mal zum Friseur oder zur Kosemtik zu gehen, mit Freundinnen ohne Kinder einen Kaffee trinken gehen und so etwas. Das ist eben meine Einstellung. Ich bin überzeugt, dass andere Menschen eine offene Beziehung auch mit Kindern glücklich führen können. Da ist für mich dann aber die Grenze erreicht. Und wie man sieht, ist das auch eine Frage der Priorität. Ich habe nicht das Gefühl auf etwas zu verzichten. Im Gegenteil. Mein Mann und ich füllen durch die monogame Lebensweise unsere Rollen auf Paarebene voll aus und leben diese sehr bewusst. Wir investieren viel Zeit in die Pflege unserer Ehe. Nach einer Krise erst recht.

Das Landleben ging nicht in Erfüllung. Ich hatte eine Zeit lang die Idee, dass wir gemeisnam mit Freunden etwas erwerben und gemeinsam dort leben. Dann haben wir als Studenten in einer WG gewohnt und ich habe gemerkt, dass ich mich damit unfassbar unwohl gefühlt habe. Ich bin sehr froh, dass wir das rechtzeitig erkannt haben. Ich liebe es, Freunde und Bekannte hier zu haben, aber ich bin sehr froh, dass dann am Abend das Haus wieder uns gehört.
Wir sind weg gekommen von einem gigantischen Einfamilienhaus auf dem Land. Dadurch, dass bei uns der Kinderwunsch groß, aber die Erfüllung nicht gegeben war, wurde uns klar, dass wir mit Glück überhaupt ein eigenes Kind haben werden. Daher haben wir schon ein Eigenheim, aber eben der Größe angepasst. Selbst wenn wir nur zu zweit bleiben würden, wäre der Platz nicht zu sehr über dem Verhältnis. Ich habe so das Gefühl, niemandem Wohnraum wegzunehmen. Besonders, weil das Haus in die Höhe geht und nicht in die Breite. Von der Grundfläche her, finde ich den Wohnraum den wir für uns in Anspruch nehmen für vertretbar.

Auch bei Themen wie Kinderwunschklinik oder Adoption gehen wir das Thema dann an, wenn es ansteht. Das Planen loszulassen fällt mir schwer, aber ich hinterfrage meine Lebensweise an entscheidenden Punkten.

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Das Leben ist dynamisch. Man muss sich also immer wieder mit äußeren Veränderungen auseinandersetzen und dementsprechend Anpassungen im eigenen Leben vornehmen. Natürlich hatte und habe ich mir immer wieder Gedanken gemacht über das, was ich will oder auch das, was ich nicht (mehr) will. Z.B. weil neue Informationen zu einer Meinungsänderung geführt haben oder sich Entwicklungen abzeichnen, auf die ich reagieren muss/will.

Mein bisheriges Leben verlief klassisch mit dem üblichen Programm - Ausbildung, Famliengründung, Hausbau in den 90ern. Und natürlich war ich erst mal Hausfrau. Zwar beschwor Norbert Blüm damals, dass "die Renten sischär seien", aber ich konnte das nicht mehr so richtig glauben. Hier erfolgte meine erste Kurskorrektur: neue Ausbildung und schauen, dass ich zumindest wieder Teilzeit irgendwo unterkomme. Auf dem Land gab's damals keine Kitas mit arbeitnehmerfreundlichen Öffnungszeiten.

Zudem wäre ich auch gerne mehr in der Welt herumgekommen, was mit meinem Ex-Mann, der sein Dorf keinesfalls verlassen wollte, schlicht nicht zu machen war. Als Kompromiss gab es dann eben entsprechende Urlaube. Dies ist somit ein Beispiel, wo ich mich sehr wohl mit den Bedürfnissen der Familie abgeglichen hatte.

Je größer die Kinder wurden, desto mehr hatten sich mein heutiger Ex und ich auseinanderentwickelt. Trotz meines inzwischen 75%-Jobs hielt sich mein Ex im Haushalt weiterhin dezent zurück. Trennung, neue Beziehung und Heirat. Dazwischen Job-Wechsel, seit einigen Jahren in Vollzeit.

Im hohen Alter, erneute Fortbildung mit anerkanntem Abschluss und aktueller Jobsuche. Ich will jetzt einfach mal wieder etwas anderes machen.

Ich selbst bin zudem spießig-monogam. Daran hatte ich nie einen Zweifel.
Aber da muss jeder nach seiner eigenen Facon selig werden. Solange sich die Beteiligten einig sind, dürfte somit auch der Polyamorie u.ä. zumindest theoretisch nichts im Wege stehen. In der Praxis dürfte das m.E. eher schwierig umzusetzen sein, insbesondere für jene, die Liebe und Sex eben doch nicht voneinander trennen können.

Und zum Schluss noch nun mein Sprung ins Haifischbecken:
Kinder sind die größten Spießer. Überschaubare und konstante Verhältnisse geben ihnen Sicherheit und es soll sich möglichst nichts verändern. Sie brauchen die Gewissheit, dass Menschen und Situationen verlässlich und berechenbar sind. Ist das nicht gegeben, kann das u.a. Orientierungslosigkeit der Kinder zur Folge haben.

Kurzum: sich für Kinder zu entscheiden, bedeutet Verantwortung - und das locker für 20 Jahre. Normalerweise plädiere ich für leben und leben lassen, aber letzten Endes sind die Kinder die Leidtragenden, z.B. wenn es ständig Streitereien beim Wechselmodell gibt oder es finanziell eng wird und somit die gesellschaftliche Teilhabe des (potentiellen) Kindes gefährdet ist.

Viel wichtiger sind daher m.E. diese Fragen:

Kann ich oder besser: können wir unserem Kind einen guten Start ins Leben ermöglichen? Hat das Kind ein stabiles Umfeld und feste Bezugspersonen? Wird es gut versorgt, können wir gesellschaftliche/soziale Teilhabe gewährleisten (z.B. Ausflüge, Schwimmbad oder später Klassenfahrten o.ä?)? Usw.

Und last but not least: was ist, wenn dann plötzlich doch noch der/die richtige Partner auftaucht? Die damit einhergehende ständige Präsenz des/der Ex ist auch nicht jedermanns Sache.

Somit: Augen auf bei der Partnerwahl - von Anfang an!